Kinder philosophieren

„Die Philosophie ist eine Angelegenheit, die nicht nur den Fachmann angeht, denn so merkwürdig es auch aussehen könnte: es gibt wahrscheinlich keinen Menschen, der nicht philosophiert.“ (Joseph M. Bochenski) Seit 2006 bin ich offiziell Multiplikator für das Pilotprojekt „Kinder philosophieren“ an den Schulen und Kindertages- stätten. Ich bin überzeugt, dass dieses Projekt ein wichtiges Mosaikstein für unser Bildungssystem in Deutschland ist. Durch regelmäßige fachliche Fortbildung und ständiges Arbeiten mit Kindern, Kollegen und Fachexperten sichert das Projekt einen hohen Qualitätsanspruch.

Wage selbst zu Denken

Dieses Motto ist zugleich Ziel für „Kinder philosophieren“ und gilt auch für Erwachsene. Davon profitiere ich auch in meiner Arbeit als Lebensberater. „Wage selbst zu denken in deinem Leben und übernimm die Verantwortung. Sei dein eigener Regisseur in deinem Film Leben.“ Gerne bin ich bereit das Projekt an den Einrichtungen vorzustellen und auch mit Kindern und Erwachsenen durchzuführen. Kinder philosophieren steht nicht für Kinderphilosophie oder Philosophie für Kinder. Es geht nicht um die Vermittlung von Philosophiegeschichte, sondern um die Tätigkeit des Philosophierens selbst: um eine philosophische Auseinander- setzung mit sich selbst, den Anderen und der Welt, die uns umgibt.

Aktive Suche nach der Wahrheit

Philosophierende Kinder gehen den Phänomenen ihrer Umwelt, die sie nicht verstehen, nach und beleuchten sie von verschiedenen Seiten: Was ist das? Warum ist es so? Wann ist es so? Wann nicht? Dabei geben sie sich nicht mit vorschnellen Erklärungen zufrieden, sondern fragen immer weiter und suchen nach Antworten, die den Dingen tatsächlich auf den Grund gehen.

Offenheit gegenüber anderen Standpunkten

Philosophierende Kinder sind offen für die Fragen, Interessen und Meinungen anderer: Wie meint sie das? Was denkt er darüber? Hat er/sie vielleicht Recht? Wo viele verschiedene Standpunkte zusammenkommen, suchen sie mit anderen zusammen nach Kompromissen und gemeinsamen Vorstellungen, auf deren Grundlage sie sich verständigen können.

Selbstverständliches hinterfragen

Philosophierende Kinder hinterfragen Dinge, die alltäglich getan, gedacht und gesagt werden: Ist es wirklich so? Wieso ist es so? Ist es vielleicht ganz anders? Sie betrachten die Wörter, die dabei benutzt werden, ganz genau und klären, wer was genau darunter versteht: Was ist mit diesem Wort gemeint? Meinen alle das Gleiche damit? Dabei gibt es zunächst nichts, was selbstverständlich ist und keiner Erklärung bedarf.

Einen eigenen Standpunkt entwickeln und begründen

Philosophierende Kinder denken nach und bilden sich eine eigene Meinung zu einem Thema: Was denke ich darüber? Wie würde ich handeln? Sie lernen, ihre Ansichten zu begründen und zu verteidigen. Dabei überprüfen sie ihren Standpunkt immer wieder und entwickeln ihn im Verlauf des Gesprächs weiter.

Kreatives und logisches Denken

Philosophierende Kinder suchen nach Parallelen, Widersprüchen und Prinzipien: Stimmt das so? Gilt das auch in anderen Situationen? Gibt es Ausnahmen? Sie zeigen Phantasie , können also nicht nur denken, sondern auch vordenken: Was wäre es, es wenn...? Wie könnte es noch sein? Sie lassen ihren Gedanken freien Lauf und schlagen ungewohnte Denkwege ein, ohne vor gewagten Aussagen zurückzuschrecken.

Handlungen überdenken und bewerten

Philosophierende Kinder untersuchen gemeinsam eine Situation und die sich bietenden Handlungsmöglichkeiten. Sie versuchen, die Beweggründe und Folgen einer Handlung herauszufinden und auf der Grundlage eigener Werte zu beurteilen: Warum habe ich das gemacht? Was finde ich gut daran? Machen das alle Menschen so? Gemeinsam überlegen sie, wie sonst noch gehandelt werden könnte, und ordnen so ihre Handlungen ein.

Wozu philosophieren?

Durch eine beständige Auseinandersetzung mit uns selbst, den Anderen und der Welt entsteht eine philosophische Haltung, die Grundlage für kritisches Bewusstseins und Urteilsfähigkeit ist. Auf viele tiefgründige Kinderfragen gehen Erwachsene im Alltag oftmals nicht wirklich ein oder beantworten sie viel zu schnell und zu endgültig. Diese Fragen dienen jedoch der Orientierung in einer größtenteils noch unbekannten Welt und verraten viel über die Entwicklung des einzelnen Kindes. Es kommt darauf an, zunächst einmal zu verstehen, was hinter der Frage eines Kindes steckt, um zu erfahren, was es eigentlich wissen möchte. (aus „Praxisleitfaden Kinder philosophieren für Kindertageseinrichtungen und Schulen, Akademie Kinder philosophieren®, 2007)
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